Was wäre, wenn du mit einer einzigen Geste deinen Gefühlszustand beeinflussen könntest? Wenn du sozusagen im Handumdrehen Selbstbewusstsein spüren würdest?
Stell dir vor, du hast eine wichtige Besprechung, vielleicht ist es eine Prüfung oder ein Bewerbungsgespräch, und es machen sich Nervosität und Zweifel breit. So etwas erleben die meisten Menschen regelmäßig. Sie fühlen sich ihren Emotionen hilflos ausgeliefert und frustriert. Frustriert darüber, dass sie sich gar nicht so fühlen können, wie sie gerne würden. Dabei begleitet die meisten eine Ahnung, selbst dafür verantwortlich zu sein. In unserer Alltagssprache ist das fest verankert. Menschen sagen oft Dinge wie “Ich mache mich ganz verrückt.”, “Ich stresse mich total!” oder “Unter Druck klappe ich zusammen.”. Das ist ganz schön unangenehm – wir haben keinen Einfluss auf unsere Gefühle, und gleichzeitig geben wir uns selbst die Verantwortung für diese Zustände. Aber es gibt eine Lösung!
In einigen Berufen ist Selbstbeherrschung (im wahrsten Sinne – die Beherrschung des Selbst) zwingend notwendig, um erfolgreich zu sein, oder sogar um in Gefahrensituationen zu überleben. Feuerwehrleute, Polizisten, Türsteher oder auch Schauspieler lernen früh in ihrer Ausbildung, wie sie gezielt bestimmte Zustände hervorrufen können. Bei ersteren meist Dominanz, Selbstbewusstsein und Bestimmtheit, während die Schauspieler eine noch größere Bandbreite an Emotionen hervorzurufen lernen. Schließlich wird ein Darsteller erst dann wirklich glaubwürdig, wenn man ihm die von der Rolle geforderten Emotionen regelrecht ansieht. Polizisten wiederum sind oft mit unberechenbaren, möglicherweise gewaltbereiten Menschen konfrontiert und müssen sich und andere schützen und gleichzeitig die Situation entschärfen. Dafür bedarf es eine unumstößliche Bestimmtheit und großes Selbstbewusstsein. Wie schaffen diese Menschen das? Indem sie erstmal so tun, als ob!
Im NLP gibt es einen Grundsatz, eines der fundamentalen Axiome, der da besagt: “Geist folgt Körper, und Körper folgt Geist.” In den 80ern wurde von Psychologen zwar anerkannt, dass man Menschen ihren Gefühlszustand ansehen konnte, der zweite Teil des Grundsatzes also stimmte, aber die Idee, dass unsere Haltung auch andersrum, also auf den geistigen Zustand, wirken könne, wurde müde belächelt. Mittlerweile ist das nicht mehr so. Diverse Experimente haben gezeigt, dass das “Vormachen” eines Gefühls mit dem Körper nach nur wenigen Minuten bereits dazu führt, dass sich die tatsächliche Emotion ausbreitet. Aus Haltung wird Verhalten! Machen wir doch an dieser Stelle einfach eine praktische Übung:
Nimm dir einen Stift, und nimm ihn quer in den Mund, indem du ihn mit den Zähnen festhältst. Bleib so, während du den nächsten Abschnitt zu Ende liest.
Eines dieser Experimente hat gezeigt, dass, wenn wir die Hände hinterm Kopf verschränken, die Beine breit machen und uns ganz entspannt zurücklehnen, das Selbstbewusstsein schon nach 2 Minuten messbar steigt. Andere Studien zeigen, dass Menschen, die im Gleichschritt miteinander spazieren gehen, sich hinterher einander zugehöriger fühlen, als wenn sie normalen Schrittes gegangen wären. Zu guter Letzt, und da kommt der Stift in deinem Mund ins Spiel, hat ein Team von Forschern auch herausgefunden, dass Menschen, die mit einem Stift im Mund Cartoons schauten, länger und heftiger gelacht haben also solche, die den Stift längs, einen Schmollmund formend, im Mund trugen.
Diese und andere Experimente zeigen uns, dass es also möglich ist, gezielt Emotionen über die Körperhaltung zu erzeugen. Was noch fehlt, ist aber der persönliche Bezug – schließlich sind wir alle unterschiedlich und wünschen uns auch verschiedene Zustände, die sich auch vermutlich für jeden anders anfühlen. Und da wäre auch noch die Schwierigkeit, dass nicht jeder Chef gerne sieht, wenn seine Mitarbeiter im Gespräch Stifte in den Mund nehmen. Was uns jetzt noch fehlt, ist eine Möglichkeit, wie du ganz individuell den von dir gewünschten Zustand hervorzaubern kannst, wann immer du ihn brauchst. Klar, wenn du einfach nur deine Laune heben möchtest, kannst du gerne den Stift nehmen oder dich auf den Stuhl setzen wie ein Mafiaboss. Aber zu einem echten Superhelden gehört noch mehr als nur eine gute Stimmung – es muss sich auch anfühlen wie du.
Hier kommt die Powerpose ins Spiel. Die Powerpose ist eine Haltung oder eine Geste, die für dich ganz persönlich alles verkörpert, was diese Fähigkeiten oder Gefühle ausmacht. Das kann etwas sein, was du mit dem ganzen Körper tust, oder auch nur eine Geste oder Haltung einzelner Körperteile. Wichtig ist dabei, dass es für dich genau das verkörpert, was du auch spüren möchtest. Der berühmte Trainer Tony Robbins zum Beispiel hat so eine kurze Powerpose, bevor er auf die Bühne geht: Er springt über ein Trampolin eine Stufe hoch und dreht sich nach der Landung nochmal in einer Bewegung um sich selbst, bevor er hinter dem Vorhang hervorkommt. Was wäre so eine Bewegung für dich und deinen inneren Superhelden?
Polizisten machen es so: Wenn sie über die Straße gehen, gehen sie wie Cowboys: Beine breit, Schultern zurück, und langsam. Ganz so, als würde ihnen die Stadt gehören. Das wirkt sowohl auf die “Zuschauer” als auch für sie selbst. Schauspieler wiederum erinnern sich ganz bewusst an eine Situation aus ihrem eigenen Leben, in der sie die für die Rolle benötigte Emotion gespürt haben, und begeben sich dann in die gleiche Körperhaltung wie damals, um das Gefühl authentisch zu erzeugen.
Abschließend können wir dir also Folgendes mitgeben: Wenn du mal in einer Situation bist, in der dir deine Gefühle davonlaufen, dann verändere ganz bewusst deine Körperhaltung in eine, die deinem Wunschzustand entspricht. Wie zum Beispiel die Powerpose, die wir im Seminar ausarbeiten und die dir mit ein wenig Übung ermöglichen wird, in unter 5 Minuten wieder die Kontrolle über dein Erleben zu erlangen. Oder um es mit einem geflügelten Wort aus Amerika zusammenzufassen: Fake it ‘til you make it!